Zur Geschichte der Gemeinde Grosselfingen

 

Georg Monninger (Stadtschreiber in Nördlingen von 1871-1908) schreibt 1893 in seinem Buch "Das Ries und seine Umgebung" über Grosselfingen:

"Eine halbe Stunde vor Möttingen führt ... ein Sträßchen über den Eisenbahndamm in das an der Eger gelegene Pfarrdorf Grosselfingen, 81 Wohngebäude, 420 Einwohner, protestantisch. 

Diese Ortes wird schon in den Tagen Pipins und Karls des Großen bei den Schenkungen an das Kloster Fulda gedacht (älteste Form Grozelfingen). In alter Zeit waren die Grafen von Oettingen, die Edelherren von Hürnheim, Kloster Zimmern und das Spital Nördlingen, welches Güter von Adelheid, Witwe Ruperts von Lierheim, im Jahre 1284 erwarb, daselbst begütert. Am 1. Oktober 1498 kaufte letzteres alle hürnheimischen Güter und Rechte. Die niedere Gerichtsbarkeit war beim Spital und saß ein Nördlinger Vogt im Orte. Die Landeshoheit und die hohe Obrigkeit stand bei den Grafen von Oettingen. Im Jahre 1712 verkaufte Nördlingen seine spitalischen Besitzungen an den Proviantdirektor Johann Philipp von Schell, nach dessen Tode der Besitz mehrfach wechselte, bis das Dorf an die Krone Bayern kam.

Der Kirchensatz, früher bei den Hürnheimern und Lierheimern, kam im 15. Jahrhundert an Klosterzimmern. Der katholische Pfarrer Johann Simon trat 1539 zum protestantischen Bekenntnis über und war Pfarrer in Grosselfingen bis 1569.

Südlich vom Orte lag der "Egelsee", welcher im vorigen Jahrhundert ausgetrocknet wurde. Sein Grund ist nun an die Einwohner verteilt. Von größeren Brandunglücken wurde das Dorf betroffen am 23. März 1849 und 11. September desselben Jahres.

Der Gemeinde sind zugeteilt die Hobelmühle und die Wiesmühle, letztere ein Lierheimisches Besitztum, welches 1280 an Kloster Zimmern, 1498 an das Spital Nördlingen kam."

 

Allgemeines

In den frühesten Aufzeichnungen schreibt der Fuldaer Mönch Eberhard im 12. Jahrhundert: In villa Grozelfingen una familie et semis.

Diese Erwähnung deutet die Wissenschaft als Abschrift aus einem älteren Carticular, das die Forschung heute in dem Zeitraum zwischen 820 und 845 ansiedelt. Genaueres weiß man nicht. Übersetzt wird die Nennung mit: Im Dorf Grosselfingen eineinhalb (?) Familien. "semis" wird dabei auf "familie" bezogen.

Friedrich Besel hierzu: "Obwohl ich weder Linguist noch ein sonstiger Extperte bin , wage ich zu  behaupten, daß es sinnvoller wäre,, "semis" getrennt von "familie" zu betrachten. In meinem alten lateinischen Wörterbuch heißt "semis" in seiner Grundbedeutung: Die Hälfte eines 12teiligen Ganzen"

Hat demnach Fulda mit dem einen Hof die Hälfte der Abgaben und Zinsen, evtl. sogar die Hälfte des Dorfrechts erhalten? Erfolgte bereits im 9.Jahrhundert die Teilung des Ur-Meierhofes? Später, das ist sicher, gab es zwei Meierhöfe (Meierhof und Obermeierhof), die als sog. Reichslehen beide im Besitz der Lierheimer waren und von diesen 1284 bzw. 1339 an das Spital Nördlingen verkauft wurden.

 

Das Grosselfinger Wappen

"Der Gemeinde Grosselfingen wird auf Antrag ... die Zustimmung zur Annahme eines Wappens erteilt", geht aus einem Schreiben des Bayer. Staatsministeriums des Inneren vom 12. Juli 1961 hervor, in dem darauf hingewiesen wird, daß im Dienstsiegel die Umschrift zu lauten hat: "Im oberen Halbbogen "Bayern", im unteren Halbbogen "Gemeinde Grosselfingen". Die Wappenbeschreibung lautet: "Geteilt von Schwarz und Gold; oben eine rot nimbierte silberne Taube, unten ein roter Sparren."

Geschaffen wurde das Wappen von dem Nördlinger Grafiker Rudolf Mussgnug, der sein Werk mit geschichtlichen Verhältnissen begründet.

Schwarz und Gold beziehen sich auf die Nördlinger Wappenfarben. Das Sinnbild der Taube steht für das Nördlinger Hospital, das von 1284 bis 1712 große Bezitzungen in Grosselfingen hatte. Der Sparren in der unteren Hälfte stellt eine "heraldische Minderung" des Schragens aus dem Oettinger Wappen dar und erinnert so mit seiner Figur und mit seinen Farben Rot und Gold an die Rolle der Grafschaft in der Ortsgeschichte.

Versäumte es die Gemeinde damals, eine Schreibung des Ortsnamens mit "ss" zu beantragen? Erst seit dem 25.10.1993, nicht zuletzt auch dem Engagement von Herrn Rüdel zu verdanken, schriebt man Grosselfingen wieder wie man es immer gesprochen hat.

Im Inneren des alten Dienstsiegels befand sich das bayer. Rautenwappen. Im Siegel, das der damalige Ortsvorsteher Wetzstein in den Jahren 1843 und 1850 benutzte, lautete die Umschrift "Gemeinde Grosselfingen" mit "ss" (!!!), während sich im Inneren der bayer. Löwe befand.

Dasselbe Siegel verwendete bereits Ortsvorsteher Frisch, wie ein Originalabdruck aus dem Jahr 1821 bestätigt.

Ob man dieses Siegel bereits ab 1806 verwendete und wann die Rauten den Löwen ablösten, kann derzeit nicht gesagt werden.

 

Die Grosselfinger Kirche

Kirchweg 4. Evang.-Luth. Pfarrkirche St. Peter und Paul, Neubau von 1713, Turmuntergeschoss 1. Hälfte 15. Jht; mit Ausstattung; Friedhof mit Friedhofsmauer des 17./18. Jht.

Als Pfarrei wird Grosselfingen erstmals 1153 urkundlich erwähnt. Das Patronatsrecht lag um 1312 bei den Herrn von Hürnheim, ab 1339 bei den Herrn von Lierheim, im 15. Jht. bei der Abtei in Klosterzimmern und bei den Grafen von Oettingen, schliesslich bei letzteren allein (Steichele III, 1192f.). Erster protestantischer Pfarrer war 1539-69 Johann Simon. Der hohe, quadratische Turmunterbau, der wohl aus der ersten Hälfte des 15. Jh. stammt, wurde 1713 beim Neubau der Kirche um das Oktagon erhöht; der Spitzhelm dürfte wohl erst im 19. Jht. (1896?) aufgesetzt worden sein. Die kräftigen, bis zur Traufhöhe reichenden Doppelstreben stützen seit etwa 1938 die Südseite des untersten Turmgeschosses. Restaurierungen: 1969/70 außen; 1978/79 innen.

Die Kirche liegt mitten im Dorf im ummauerten Friedhof. Einschiffiges Langhaus unter Flachdecke von 1771; an der Nord- und Westseite umlaufende Empore mit Zugang über eine Außentreppe an der Nordseite. Eingezogener, halbrund geschlossener Chor. Turm im südlichen, Sakristei im nördlichen Winkel. Liegender Stuhl der Bauzeit mit bemerkenswertem Hängewerk aus doppelten Stützen, die durch hölzerne Schlösser miteinander verbunden sind. Glasgemälde 1896: in der Westwand die Apostelfürsten (Petrus und Paulus - die Namenspatronen der Kirche), im östlichen Chorfenster die Kreuzigung Christi. Einheitliche neugotische Ausstattung des ausgehenden 19. Jht. (1896?) Im Hochaltar Gemälde des auferstandenen Christus, der Maria Magdalena im Garten Gethsemane erscheint. Ganzfigurenbildnis Martin Luthers (1883 von Wilhelm Johannes Kilian Braun). An der südlichen Langhauswand ungefasstes Kruzifix, wie der auferstandene Christus und die beiden Engel im Chor um 1712/13 von dem Nördlinger Bildhauer Johann Caspar Seefried gefertigt.